Aus dem Kindergarten

Trotz- und Wutanfälle

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Trotz- und Wutanfälle bei Kindern

Tobende, brüllende und kreischende Kinder, alle kennen mindestens eine dieser Situationen. Den Eltern werden hierzu viele Beispiele einfallen, aber auch Erwachsene ohne Kinder kennen diese Situation.

Eines der besten Beispiele ist der Supermarkt nebenan, man geht ganz entspannt mit seinem Kind einkaufen nach einem langen Kita-Tag – kein Problem…

Bis zu dem Kassenbereich, denn da lauert die Süßigkeitenvielfalt und dann passiert es: das Kind möchte etwas haben, was es aber nicht bekommt. Innerhalb weniger Sekunden beginnt es zu weinen, zu schreien und zu toben, es wirft sich auf den Boden oder stampft mit den Füßen.

Ein klassischer Trotzanfall.

Warum gibt es überhaupt Trotzanfälle?

Was bewirkt ein Trotzanfall bei meinem Kind?

Wie kann ich damit umgehen?

Viele Fragen die einem da im Kopf rumschwirren. In diesem Beitrag versuche ich Sie etwas zu sensibilisieren, rund um das Thema Trotzanfällen bei Kindern.

1. Der Begriff

Vielen ist der Begriff Trotzalter oder Trotzphase bekannt. Dieser wird in der Psychologie und in der Pädagogik kaum noch verwendet, da er sehr negativ und herablassend behaftet ist. Stattdessen wird diese Phase nun als Autonomiephase bezeichnet. Es handelt sich in dieser Phase um einen ersten Ablöseprozess.

2. Der Zeitraum

Die Autonomiephase findet zwischen dem zweiten und etwa fünften Lebensjahr statt. Es geht in dieser Zeit nicht darum, Mama Papa, oder die Mitmenschen zu nerven. Nein! Es geht darum, dass das Kind erkennt, dass die Bedürfnisse nicht mehr wie selbstverständlich erfüllt werden.

Zudem entdeckt das Kind in dieser Phase den Selbstbehauptungswillen. Das Kind versteht nach und nach, dass es eine eigene Person ist und es selbständig Dinge entscheiden kann.

Das Verhalten wird oft von Gefühlsausbrüchen begleitet.

Im Moment des Widerstandes steht das Kind gegen seine soziale Umwelt im Sinne der Selbstbehauptung.

Es beharrt z.B. auf eine Meinung oder auf ein (vermeintliches) Recht.

Zu diesem Zeitpunkt ist eine Kommunikation mit dem Kind sehr schwer.

3. Das Fragealter

Mit ca. 18 Monaten beginnt das Alter, in dem die Kinder mit ihrem sehr geringen Wortschatz versuchen Wünsche und Bedürfnisse der Umwelt mitzuteilen.

Oft wird hier den Erwachsenen eine Frage gestellt. Wenn diese mit einem JA beantwortet wird, kommt die Antwort beim Kind positiv zurück.

Sollte die Antwort jedoch verneint werden, kann das bei dem Kind Gefühle von Wut, Trauer, Enttäuschung sowie Angst auslösen.

Dies ist dem Gehirn der Kinder zuzuschreiben. Denn die linke Hirnhälfte, die für Funktionen wie Logisches Denken, Sprache und analytisches Denken zuständig ist wird in Stresssituationen inaktiv. Weshalb die Kommunikation sehr mühsam wird.

4. Die Regeln

Kindern ist es in der Alterspanne sehr wichtig, neue Erfahrungen zu machen sowie neue Wege und Situationen kennen zu lernen. Dabei möchten Kinder sehr ungerne durch unverständliche Regeln ausgebremst werden.

Für Sie und große Kinder ist das Verstehen von Regeln kein Problem, ein jüngeres Kind ist jedoch noch gar nicht in der Lage, Regeln zu begreifen, denn hierzu gehört die Fähigkeit des Sich-Hineinversetzens in andere Personen und diese Fähigkeit erwirbt ein Kind erst ca. ab dem 3. Geburtstag.

Ein Beispiel für Sie:

Ihr Kind und ein Freund spielen miteinander. Ihr Kind zieht seinen Spielkameraden an den Haaren. Während es für Sie total verständlich ist, dass man so etwas nicht darf, versteht Ihr Kind das noch nicht. Es weiß nicht, was es dem anderen Kind an Schmerzen zuführt. Denn es kann die Schmerzen noch nicht nachempfinden. Das Kind sieht die Reaktion des anderen Kindes zwar – es weint vermutlich – aber die Erinnerung, die es behält, ist: ich ziehe an den Haaren und das andere Kind fängt an zu weinen. Diese Reaktion wird dann als spannend wahrgenommen und nicht als schmerzhaft für Mitmenschen, was daran liegt, dass sich Ihr Kind noch nicht in das verletzte Kind hineinversetzen kann. Daher versteht das Kind nicht, warum es für sein Verhalten geschimpft wird und reagiert mit Wut.

Regeln, die ein Kind noch nicht versteht, müssen über einen langen Zeitraum mühsam erlernt werden.

Mit Vollendung des 3. Lebensjahres beginnen Kinder Regeln besser zu verstehen.

Was noch lange nicht heißt, dass Wutanfälle nun vorbei sind. Das Kind weiß zwar, warum es nicht an Haaren ziehen darf, kann es aber noch nicht unterlassen, dies zu tun, da es sich selbst noch nicht ausreichend unter Kontrolle hat. Nun sind Sie als Erwachsener gefragt, Ihrem Kind Auswege aus solchen Situationen zu zeigen.

5. Die zwei Trotzanfall-Auslöser

Es gibt zwei Auslöser, wegen denen Kinder Trotzanfälle bekommen

– Das Kind hat einen Wunsch, der nicht erfüllt wird

– Das Kind muss etwas tun, was es nicht möchte

Im 1. Fall kann es sich bei dem Wunsch um ein Verhalten handeln, wie das oben beschriebene Haare ziehen oder aber auch, einfach auf die Straße zu laufen oder mit Messer und Schere zu hantieren. Das Kind muss lernen, dass dieses Verhalten nicht erlaubt ist.

Oft handelt es sich zudem aber auch um Materielles, wenn es zum Beispiel etwas aus dem Süßigkeitenregal möchte oder ein Spielzeug, das ein anderes Kind hat, hier muss das Kind lernen, dass es nicht immer haben kann was es möchte.

Im 2. Fall muss das Kind lernen, dass es bestimmte Dinge gibt, die getan werden müssen, wie zum Beispiel das tägliche Waschen und Zähneputzen, das Tragen wetterangepasster Kleidung und auch das Besuchen der Kita.

Nun zu dem, auf was Sie gewartet haben:

Tipps, wie Sie mit Trotzanfällen umgehen 

Vorab muss ich Sie leider enttäuschen – es gibt keine festen Regeln hierzu.

Das Schlimmste, was sie tun können ist, auf brüllende und schreiende Kinder mit Brüllen oder Schreien zu reagieren, denn hiermit verstärken sie den Anfall Ihres Kindes nur noch.

Ruhe bewahren ist das Einzige, was Ihnen nun noch hilft – auch wenn es leichter gesagt als getan ist.

Sie können die Emotionen Ihres Kindes in kurzen und liebevollen Sätzen widerspiegeln, Experten raten hier dazu mit dem Kind in Kleinkindsprache zu sprechen und so das Kind zu beruhigen.

Sie können auch Ihrem Kind mit Verständnis für seinen Anfall begegnen (z.B. Ich verstehe das du dich ärgerst, werde aber nicht nachgeben.)

Wichtig ist hierbei, standhaft zu bleiben und nicht von der eigenen ,,Meinung“ abzuweichen, denn sonst lernt das Kind nie, dass es mit Trotz und Gezeter nicht weiterkommt.

Denken sie lieber daran, egal wie schlimm ein Trotzanfall ist, jeder Trotzanfall hat irgendwann sein Ende.

 

Michaela Maksymiw, Kindergarten St. Lorenz

 

Nun noch ein paar Buchempfehlungen, die helfen können, die Anfälle mit ihren Kindern zu be- und verarbeiten:

Für Kinder ab 3 Jahren:

Für Kinder ab 4 Jahren:

Für Kinder ab 5 Jahren:

Verlag Coppenrath
ISBN 978-3-8157-2000-4

Mit dieser gezielten, familienerprobten Methode können Trotzanfälle der 3-4-Jährigen gut aufgegriffen und bearbeitet werden. Probieren Sie die Methode mit Ihrem Kind aus und Sie werden feststellen, dass die Motzkuh Sie nur noch selten besucht.

ars edition
ISBN: 978-3-8458-2983-8

In der Trotzphase haben die Kinder es echt schwer. Und die Eltern erst!
Zwei Bilderbuchgeschichten vom kleinen Drachen Fauchi zeigen liebevoll, wie er lernt, mit dem Gefühlschschaos umzugehen.

Annette Betz Verlag
ISBN: 978-3-219-11529-1

Was tun mit der Wut? Wenn Marvins Schwester Lara seine Kekse nascht oder seine Sachen nimmt, ist das kleine Monster zur Stelle. Wie wird man es wieder los? Das Buch setzt sich kindgerecht mit dieser starken Emotion zusammen und vermittelt Strategien, um damit umzugehen.

Loewe Verlag
ISBN 978-3-7855-7578-9

„Manchmal habe ich so eine Wut, da würde ich am liebsten ganz laut schreien, da möchte ich jemanden anbrüllen, da würde ich gern irgendetwas zerfetzen oder irgendwo dagegen treten. Wenn ich wütend bin, klopft mein Herz viel schneller als sonst, mir ist ganz heiß und mein Kopf wird rot wie eine Tomate.“
Dieses Buch beschreibt kindliche Wut sehr genau und kindgerecht. Doch ist die Wut schlecht oder böse? Wie geht man mit der Wut um?